Unbekanntes Werk von J.S. Bach entdeckt

08.06.2005

Eine unbekannte Komposition Johann Sebastian Bachs wurde von einem Mitarbeiter des Bach-Archivs Leipzig unter den Beständen der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar aufgefunden.

Die Entdeckung gelang Michael Maul im Zusammenhang mit der von ihm vorgenommenen systematischen Sichtung der kirchlichen, kommunalen und staatlichen Archive Mitteldeutschlands. Dieses Forschungsprojekt wird seit 2002 vom Bach-Archiv Leipzig unter Leitung von Professor Christoph Wolff durchgeführt und von der Ständigen Konferenz Mitteldeutsche Barockmusik e. V., dem Packard Humanities Institute sowie dem William H. Scheide Fonds gefördert.

Bei der eigenhändigen Partitur handelt es sich um eine Strophenarie mit Ritornell für Sopran, Streicher und Basso continuo, die Bach im Oktober 1713 anlässlich des 52. Geburtstags des Herzogs Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar (1662-1728) komponierte. Er stand seinerzeit als Hoforganist in dessen Diensten (1708-1717). Autor des zwölf-strophigen geistlichen Gedichtes mit dem Textbeginn „Alles mit Gott und nichts ohn’ ihn,“ dem Wahlspruch des Herzogs, ist Johann Anton Mylius.

Es gab bislang keine Hinweise auf die Existenz dieser Komposition. Auch tauchte in den siebzig Jahren seit Entdeckung des Kantatenfragments “Bekennen will ich seinen Namen“ (BWV 200) im Jahr 1935 kein unbekanntes Bachsches Vokalwerk mehr auf.

Bei dem neuen Fund handelt es sich um eine in sich geschlossene Komposition – kein größeres Werk, sondern ein Gelegenheitswerk erlesener Quälität. Als exquisites Beispiel einer Strophenarie bildet es den einzigen Beitrag Bachs zu dieser in Deutschland um 1700 bedeutsamen musikalischen Gattung. Zudem erhöht die genaue Datierbarkeit der Komposition die Bedeutung des Werkes für die stilistische Entwicklung des Komponisten.

Eine Erst- und Faksimileausgabe wird im Herbst 2005 im Bärenreiter-Verlag Kassel erscheinen; die Ersteinspielung wird von Sir John Eliot Gardiner vorbereitet, dem diesjährigen Träger der Bach-Medaille der Stadt Leipzig.

Michael Maul studierte Musikwissenschaft, Journalistik und Betriebswirtschaftslehre in Leipzig; Magister Artium 2001, Magisterarbeit über „Musik und Musikpflege in Leipzig nach dem dreißigjährigen Krieg (1645-1660).“ 2003 bis voraussichtlich 2005 erfolgt die Erarbeitung einer Dissertation zum Thema „Barockoper in Leipzig (1693-1720)“. Seit 2002 verfolgt Michael Maul ein Forschungsprojekt des Bach-Archivs Leipzig und der Ständigen Konferenz Mitteldeutsche Barockmusik zursystematischen Erschließung von musikgeschichtlich relevanten Materialien in mitteldeutschen Archiven und die Erstellung eines Verzeichnisses sämtlicher Kantoren und Organisten in den Städten des albertinischen und ernestinischen Sachsens, Anhalts und der Grafschaften Reuß, Schwarburg und Mansfeld (1517-1800). Seit 2005 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bach-Archiv Leipzig

Quelle: Bach-Archiv Leipzig